Die Würde des Menschen ist unantastbar
Eine tägliche Aufforderung
Die Menschenwürde macht keine Unterschiede zwischen Mann und Frau, zwischen Menschen mit und ohne Zuwanderungsgeschichte, zwischen Menschen mit und ohne Behinderung, zwischen gläubigen und ungläubigen Menschen oder zwischen Hetero-, Homo- oder Transsexualität. Und doch erleben, sehen und erfahren wir tagtäglich, wie Menschen aufgrund ihres Glaubens, ihrer Ethnie, Weltanschauung, ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Behinderung erniedrigt, ausgegrenzt und diskriminiert werden, ja sogar Gewalt erfahren. Als Alevitinnen und Aleviten kennen wir das Leid der Verfolgung, Missachtung und Ausgrenzung, dem auch heute noch viele in der Türkei ausgesetzt sind. Für uns ist es daher eine Verpflichtung, überall dort unsere Stimme zu erheben und uns zu engagieren, wo Menschen in ihrer Würde verletzt werden. Es ist eine tägliche Aufforderung, der wir uns im Alltag sowie in der Verbands- und Projektarbeit stellen.
Wir wollen Veränderung gestalten
Gemeinsam für Vielfalt
Gemäß unserer Satzung und unseres gelebten Leitbilds Gemeinsam für Vielfalt arbeiten wir daran, egal ob verbandsintern durch Schulungs- oder Beratungsangebote oder durch unsere Projektarbeit, Handlungs- und Diskursräume zu schaffen, die dem Ziel eines friedlichen und toleranten Zusammenlebens von Menschen unterschiedlicher religiöser Bekenntnisse, verschiedener kultureller und ethnischer Herkunft sowie differenten Lebensformen dienen. Als Verband wollen wir diesen Veränderungsprozess zu mehr Gleichberechtigung und Gleichbehandlung mitgestalten und eine hörbare Stimme sein.
Eine Stimme, die sich für die Unantastbarkeit der Menschenwürde stark macht.
Eine Stimme, die gegen Diskriminierung und Rassismus ihr Votum einlegt.
Eine Stimme, die für ein friedliches und weltoffenes Miteinander in Vielfalt streitet.
Gemeinsam für Vielfalt.
Das Alevitentum [In Kurzform]
Das Alevitentum ist ein humanistischer Glaube. Gleichstellung der Geschlechter, Naturverbundenheit, Toleranz, Weltoffenheit, Bescheidenheit und Hilfsbereitschaft sind Kernelemente des alevitischen Glaubens.
Im Zentrum der alevitischen Lehre steht der Mensch, da in jedem Menschen und dem Kosmos die göttliche Wahrheit verborgen liegt. Der tiefsinnige humanistische Kern des Alevitentums wird in den Worten des Hünkar Bektas Veli (13. Jh.) deutlich, wenn er schreibt: „Andere haben die Kaaba, meine Kaaba ist der Mensch, sowohl Koran, als auch Erlöser, ist der Mensch, die Menschheit selbst.“ Weil für die Aleviten alles göttlich ist, kann „Gott“ in der gesamten Natur und im eigenen Selbst aufgespürt werden.
Der Aschiq (Liebende) Daimi schreibt: „Ich bin der Spiegel des Universums, Wenn ich doch ein Mensch bin. Ich bin der Ozean der Wahrheit (Wirklichkeit), Wenn ich doch ein Mensch bin.“ Man spricht von einem Glauben der Befreiung und Freiheit. So ist Selbstbefreiung u.a. durch Wissensaneignung möglich. Der Heilige Ali (598-661 n. Chr.) möchte demjenigen, der ihm „ein Wort lehrt 1000 Jahre dienen“.
Das Alevitentum ist zudem ein Glaube der Liebe und des Herzens. Dieses Merkmal lässt sich wie folgt zusammenfassen: Unsere Religion ist die Liebe und unser heiliges Buch der Mensch. So schreibt der Aschiq Hüdai (1940-2001): „Des Menschen Leben ist unser Leben, des Menschen Körper ist unser Körper, die Liebe ist unsere Religion, an keine andere glauben wir.“